Employer Branding: Werde attraktiv für Arbeitnehmer
Veröffentlicht von Matthias Dziewior
Nur 24 % der deutschen DAX-Konzerne arbeiteten 2019 aktiv an der Bildung einer Arbeitgebermarke (Employer Branding) – so eine Studie. Auch der Mittelstand investiert selten aktiv Ressourcen in die Arbeitgebermarke über das unbedingt nötige Personalmarketing für offene Stellen hinaus.
Dabei fällt es Unternehmen zusehends schwerer, Bewerber für offene Stellen zu finden und sie zu besetzen. Selbst wenn es fachlich passt, scheitern manche Neueinstellungen trotzdem noch am cultural fit: Der neue Mitarbeiter passte einfach nicht ins Team.
Durch die Entwicklung einer Employer Branding Strategie kannst du eine starke Arbeitgebermarke und beide Herausforderungen angehen. Wie das funktioniert, erfährst du in diesem Artikel.
Was ist Employer Branding?
Employer Branding fragt: „Wo wollen wir als Arbeitgeber hin und wie wollen wir in der Zukunft wahrgenommen werden?“ Der Begriff bezeichnet die strategischen Bemühungen, sich selbst als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren. Employer Branding Maßnahmen zielen nicht auf die unmittelbare Stellenbesetzung, sondern auf die Bildung einer Arbeitgebermarke. Im Gegensatz zum operativen Personalmarketing ist Employer Branding strategisch ausgerichtet.
Employer Branding richtet sich nicht nur an zukünftiges Personal, sondern auch an deine Mitarbeiter:
- Externes Employer Branding
Erfolgreich ist Employer Branding dann, wenn die Marke so attraktiv ist, das offene Stellen möglichst schnell besetzt werden. Unternehmen wie Google haben kein Problem damit, Bewerber für Positionen zu finden, weil das Image des Silicon-Valley-Giganten ihm vorauseilt.
- Internes Employer Branding
Nach innen zielt Employer Branding auf die Bindung deiner Mitarbeiter. Denn offene Stellen besetzen ist teurer, als einen alten Mitarbeiter zu halten. Gutes Arbeitgebermarketing nach innen entfaltet im besten Fall zudem auch eine Strahlkraft nach außen.
Employer Branding: Vorteile
Employer Branding ist in aller Munde – das war nicht immer so. Verantwortlich sind Veränderungen in der Arbeitswelt:
- Lange gab es für Arbeitnehmer zwei Faktoren bei der Arbeitgeberwahl: Lohn und Arbeitszeit.
- In den letzten Jahren rücken harte Faktoren in den Hintergrund. Wichtiger werden weiche Aspekte wie Nachhaltigkeit, Work-Life-Balance und Führungsstil
- Gleichzeitig gibt es für qualifizierte Tätigkeiten Personal nicht wie Sand am Meer
- Insbesondere Hochqualifizierte sind in vielen Regionen schwer zu finden
- Die Digitalisierung macht es Unternehmern so leicht wie nie, sich als Arbeitgeber zu präsentieren
In dieser veränderten Welt wird der Aufbau einer Arbeitgebermarke immer wichtiger:
Komplizierte Tätigkeiten erfordern hochqualifiziertes Personal. Das ist nicht immer leicht zu finden. Mit dem Aufbau einer Arbeitgebermarke steigerst du deine Attraktivität und hast größere Chancen auch Top-Performer zu gewinnen.
- Stellen schneller und günstiger besetzen:
Effektives Employer Branding führt zu mehr Bewerbungen auf Stellenausschreibungen. Außerdem steigt die Qualität der Bewerber, weil einige unpassende Kandidaten durch das starke Markenprofil auf eine Bewerbung verzichten. Im Resultat besetzt du Stellen günstiger und schneller.
- Mitarbeiter an das Unternehmen binden:
Employer Branding geht auch nach innen. Zufriedene Mitarbeiter wollen auch in Zukunft deine Mitarbeiter bleiben. Internes Employer Branding erhöht die Mitarbeiterbindung und spart Kosten, denn: Neue Mitarbeiter finden und einarbeiten ist mit deutlich mehr Kosten verbunden, als den alten Mitarbeiter zu behalten.
Employer Branding Strategie: In 5 Schritten zur starken Arbeitgebermarke
Gutes Employer Branding beginnt am Schreibtisch – mit der Erarbeitung einer Strategie, die eine Richtung vorgibt und den Weg absteckt. Diese 5 Schritte sind für die Strategieentwicklung wichtig:
1.) Employer Value Proposition finden
Wenn du deine Hausaufgaben als Unternehmer gemacht hast, kommt dir die Employer Value Proposition bereits bekannt vor. Wie die Value-Proposition des Angebots beschreibt sie den Nutzen deines Unternehmens – in diesem Fall nicht des Kunden, sondern des potenziellen Mitarbeiters.
- Mache zunächst eine Bestandsaufnahme: Wo bist du bereits für Arbeitnehmer attraktiv – wo nicht? Was ist deine Vision und wie versuchst du sie zu erreichen?
- Bei der Erarbeitung der EVP solltest du idealerweise mit deiner Zielgruppe selbst sprechen
- Beziehe Verantwortliche aus allen Abteilungen in den Brandingprozess ein
- Schaffe feste Kommunikationsformate (Meetings, Arbeitsgruppen)
- Ein zentraler Markenverantwortlicher hilft, die Kommunikation konsistent und die Strategie im Blick zu halten
- Schau dir auch die Mitbewerber an. Schließlich musst du dich von ihnen möglichst abheben. Dabei helfen die Seiten wie Kununu und die Sichtung des öffentlich verfügbaren Contents des Arbeitgebers.
- Am Ende des Prozesses formulierst du ein klares Mission-Statement. Zum Beispiel:
- “Wir sind die beste Werbeagentur der Stadt, weil wir eine flexible Work-Life-Balance bieten, bei der du deine Arbeitszeit völlig frei gestaltest.”
- “Wir sind die einzige Logistikfirma, die Ihren Mitarbeitern klar definierte Aufstiege garantiert”..
- “Bei uns lernen junge Mitarbeiter mehr in den ersten 2 Jahren, als bei anderen Unternehmen in 10 Jahren”.
Wichtig: Eine Value-Proposition ist kein Papiertiger. Seine Aufgabe ist es, ausgehend vom Status quo eine klare Vision zu formulieren, die praktisch umgesetzt werden muss.
2.) Kommunikationsstrategie entwickeln
Im zweiten Schritt geht es um deine Zielgruppe: Auf welchen Kanälen erreichst du sie mit welchen Inhalten?
Du sprichst mindestens zwei Zielgruppen an: Mitarbeiter und Kandidaten. Aber nicht alle Kandidaten für alle offenen Stellen bilden eine homogene Gruppe: Dein neuer Buchhalter gehört zu einer anderen Gruppe als dein Serveradmin.
Im Rahmen der Kommunikationsstrategie solltest du daher auch die Ansprache der verschiedenen Gruppen definieren. Ansonsten nimmst du viel Geld für Content in die Hand, der an der Zielgruppe womöglich vorbeigeht.
3.) Maßnahmen definieren und Content-Strategie erarbeiten
Im letzten Schritt musst du aus deiner Kommunikationsstrategie eine Contentstrategie ableiten. Das heißt: Die identifizierten Kanäle müssen von dir mit Inhalten versorgt werden – regelmäßig und systematisch.
- Was interessiert deine Zielgruppe?
- Wie kannst du deine EVP durch Content veranschaulichen?
- Wann ist die Zielgruppe online?
- Wie oft sollte ich jeden Kanal bespielen?
- Welche Medien kommen gut an?
Das gilt auch für das interne Employer Branding: Dort, wo Handlungsbedarf besteht, solltest du auch hier Maßnahmen definieren, um auch intern noch attraktiver zu werden.
4.) Recruitment
Nach der Veröffentlichung des Contents geht es in das operative Personalmarketing: Mitarbeiter suchen und finden. In dieser Phase siehst du, ob deine Branding-Bemühungen bereits Früchte getragen haben und dein Recruiting funktioniert.
5.) Retention
Mitarbeiter sind wie Kunden: Es ist nicht immer einfach, sie zu halten, aber noch viel schwerer ist es, sie überhaupt zu gewinnen. Die Mitarbeiterbindung ist daher die letzte Phase des Brandings. Wenn dein internes Branding wirkt und dein Recruiting eine passende Person gefunden hat, steht am Ende ein zufriedener Mitarbeiter!
Interne & externe Employer Branding Maßnahmen
Wenn du dir das erste Mal Gedanken über das Employer Branding machst, wird du bei der Analyse des Status quo sicher auf Mängel und Probleme stoßen. Mit diesen gezielten Employer Branding Maßnahmen erhöhst du die Attraktivität deiner Arbeitgebermarke und hebst dich von deinem Mitbewerber ab.
Interne Maßnahmen
Der Adressat interner Employer Branding Maßnahmen sind deine Mitarbeiter. Grundsätzlich gibt es damit drei Ebenen, auf die du setzen kannst:
- Arbeitsplatz gestalten
Unter welchen Bedingungen arbeiten deine Mitarbeiter in welchem Umfeld? Die Gestaltung der Arbeitsumgebung und des Arbeitsplatzes ist zentral für die Wirkung auf den Mitarbeiter. Angefangen bei der materiellen Gestaltung des Arbeitsplatzes (moderne Technik, verstellbare Tische und Stühle, eigene Gestaltungsfreiheit) bis zu den Arbeitszeitregelungen im Unternehmen. Die Faktoren tragen massiv dazu bei, wie wohl sie Mitarbeiter fühlen und ob sie gerne zur Arbeit kommen.
- Führung modernisieren
Ein klassischer Top-Down-Führungsstil mit strengen Hierarchien und festgefahrenen Verfahrensabläufen machen ein Unternehmen gerade für jüngere Generationen unattraktiv. Auch wenn formal mittlerweile fast überall in “Teams” gearbeitet wird – wie viele Führungskräfte setzen den Team-Gedanken wirklich um? Im Rahmen des Employer Branding führst du zum Beispiel Schulungen durch, mit denen du deine Führungskräfte entwickelst und machst Workshops, um Teams in ihrer Dynamik zu stärken. Das verschafft Mitarbeitern das Gefühl, ernst genommen zu werden und etwas verändern zu können.
Unternehmenskultur schaffen
Die Kultur eines Unternehmens ist der Faktor beim Employer Branding, der am wenigsten greifbar ist. Die Unternehmenskultur beschreibt das Miteinander in einem Unternehmen. Das beinhaltet einerseits die Rahmenbedingungen, unter denen dieses Miteinander entsteht:
- Arbeiten alle Mitarbeiter am selben Ort, oder gibt es Remote Arbeit?
- Wird sich in der gesamten Firma geduzt?
- Gibt es einen festen Arbeitsbeginn oder trudeln alle Mitarbeiter nach und nach ein?
- Gibt es einen Verhaltens- oder Kleidungskodex?
Aber eine Reihe von Regeln macht noch keine Kultur. Denn es ist die gesamte Belegschaft, die deine Unternehmenskultur lebendig macht:
- Dazu gehören die formulierte Vision, die Weihnachtsfeier und der durch Gleitzeit lockere Arbeitsbeginn.
- Aber dazu gehört auch, dass Jochen aus dem Marketing sich immer mit Sabine aus der Buchhaltung und dem Geschäftsführer zum Bier trifft
- Oder dass die Sekretärin morgen allen einen Kaffee vorbeibringt und zwischen Tür und Angel so wichtige Informationen vermittelt
Gute Personalauswahl trägt maßgeblich zu lebendiger und gesunder Kultur bei.
Externe Maßnahmen
Mit externen Maßnahmen adressierst du im Employer Branding potenzielle Mitarbeiter auf dem Arbeitsmarkt. Mit diesen Maßnahmen gelingt es dir, dich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren, damit du dir deine Mitarbeiter aussuchen kannst:
- Website ausbauen
Die Website ist eine Visitenkarte deiner Firma – das gilt auch in Bezug auf Arbeitnehmer. Mittlerweile ist sie nicht mehr nur eine Visitenkarte, sondern die Visitenkarte schlechthin. Anders formuliert: Die Karrierewebsite deiner Marke ist das Aushängeschild, der erste Kontaktpunkt auf der Reise des Kandidaten. Der erste Eindruck sollte deshalb stimmen. Als Teil deiner eigenen Website hast du und dein Team hier völlige Freiheit. Nutze die Karrierewebsite, um Schlaglichter auf bestimmte Aspekte eures Wirkens zu werfen, deine Mitarbeiter zu Wort kommen zu lassen und durch den Einsatz verschiedene Medien (Fotos, Videos, Text, Podcasts) einen bleibenden Eindruck im Kandidaten Kopf zu hinterlassen.
Soziale Netzwerke
Die sozialen Netzwerke sind ein Schlüssel erfolgreichen Employer Branding: Du triffst deinen Kunden “privat” – in seiner Freizeit, während er mit Freunden chattet, Bilder liked oder einen Post verfasst. Mit Social Media erreichst du auch Kandidaten, die gar nicht aktiv auf Jobsuche sind und ihr präsentiert euch lebendig in einem dynamischen Umfeld. Mit der Einrichtung eines Accounts ist es allerdings nicht getan. Damit ein LinkedIn-Account zum ernst zu nehmenden Employer-Branding-Kanal wird, ist regelmäßiger einzigartiger Content notwendig, der sowohl Plattform-Algorithmen als auch deine Kandidaten glücklich macht.
- Medieneinsatz:
Rein textbasierter Content nicht aus dem Grundrauschen der digitalen Welt hervor. Im Employer Branding helfen dir Erklärvideos und Imagefilme, ein Ausrufezeichen zu setzen, sich die Aufmerksamkeit deiner Kandidaten zu sichern und die eigenen Visionen und Werte nicht nur zu beschreiben, sondern erlebbar zu machen.
- Mitarbeiter als Influencer
Influencer kennt jeder – dasselbe Prinzip funktioniert auch im Arbeitgebermarketing: deine Mitarbeiter werden zu Botschaftern deiner Marke. Dafür sind keine neuen Stellen erforderlich. Durch die gezielte Förderung von Weiterbildungen, Besuche von Messen und Konferenzen und Freistellungen für Vorträge und ähnliche Events werden Mitarbeiter faktisch nebenbei zu Markenbotschaftern.
- Bewertungsportale:
Im Kleinen ist auch die Bewertung auf einem Personalportal eine Influencer-Tätigkeit. Deine Mitarbeiter berichten authentisch über ihre Erfahrungen auf der Arbeit in deinem Unternehmen. Wenn du deine Mitarbeiter zur Bewertung animiert, sorgst du nicht nur für positives Branding, sondern wirkst gleichzeitig einen typischen Effekt von Bewertungsportalen entgegen: Am ehesten schreiben Menschen Bewertungen, die unzufrieden sind.
Von den Großen lernen heißt siegen lernen? Employer Branding Beispiele aus der Praxis
Du musst das Employer Branding im Unternehmen nie neu erfinden, um erfolgreich zu sein. Wir haben zwei Beispiele gesammelt, die zeigen, wie jedes Unternehmen erfolgreich eine Arbeitgebermarke aufbauen kann:
Beispiel 1: Bain Consulting Group
Unternehmensberatungen wie BCG oder McKinsey sind vor allem für harte Auswahlverfahren bekannt, aber auch für den Aufwand, den sie in der Umwerbung von Mitarbeitern betreiben. Bain Consulting zeigt dabei auf der Website, wie man einen modernen Kanal gestaltet, der die Zielgruppe anspricht, ihr einen Nutzen bietet und dabei sogar für effizientes Recruiting sorgt.
BCG hat ein Tool entwickelt, mit dem interessierte Bewerber einen Beispiel-Case durchspielen können – wie in einem echten Vorstellungsgespräch. Nach Beenden des Tests erhält der Teilnehmer viel Feedback und lernt so mehr über seine Eignung zum Steuerberater. Die Software ist auch deshalb so effektiv, weil sie einen bewussten Kontrapunkt zu anderen Beratungen setzt, die wenig transparent mit den Cases umgehen. Gleichzeitig gibt es einen großen Markt für Bewerber, der ihnen bei der Lösung der Cases hilft. BCG verliert durch das Tool also nichts, aber gewinnt Reichweite und Attraktivität bei potenziellen Kandidaten.
Learning: Bewerbung und Vorstellungsgespräch sind keine Prüfung. Indem du Bewerbern bereits vor der Bewerbung mit Ressourcen versorgt, die ihm helfen, sich vorzubereiten und seine Eignung besser einzuschätzen, gibst du ihm das Gefühl, willkommen zu sein und er behält dich eher positiv in Erinnerung.
Beispiel 2: IBM
In den USA sind von Unternehmen geplante Zusammenkünfte von angehendem Programmieren oder Ingenieuren nichts Neues. Die sogenannten Hackathons stärken das Ansehen der Firmen und helfen der Personalabteilung, die besten Köpfe nach an der Universität zu engagieren. So dachte auch IBM. Der US-amerikanische Technologieriese wollte mehr Frauen für eine Arbeit als Ingenieur begeistern – so weit, so harmlos. Der Gegenstand des ausgeschriebenen Wettbewerbs sorgte dann aber doch eher für Reaktionen zwischen ungläubigem Staunen und blanker Wut: “Hack a Hair Dryer” – hieß das Projekt, bei dem Frauen aufgefordert wurden, einen Föhn neu zu entwickeln, um “Missverständnisse über Frauen in der Tech-Branche” aufzuräumen.
Nachdem IBM einen Shitstorm kassierte, wurde die Ausschreibung nach einer Entschuldigung zurückgezogen.
Learning: Events sind eine großartige Möglichkeit, mit der Zielgruppe in Kontakt zu kommen, sich als wichtiger Branchen-Akteur zu positionieren und mit den Top-Performern ins Gespräch zu kommen. Vorher solltest du deine Zielgruppe aber genau verstehen und die Ansprache entsprechend anpassen – ansonsten droht ein Kommunikationsdesaster wie bei IBM.