Sprachassistenten, Chatbots & Co im Recruiting: Was können die Robot Recruiter?
Veröffentlicht von Kevin Hullen
Robot Recruiter übernehmen zunehmend das Zepter in der Personalbeschaffung. Und zwar in Form smarter Algorithmen. Dazu gehören Chatbots, intelligente Auswahlsysteme oder Sprachassistenten. Ein Überblick.
Im Personalwesen wimmelt es nur so von wiederkehrenden und aufwändigen Aufgaben. Lebensläufe müssen vorqualifiziert, offene Fragen beantwortet und potenzielle Kandidaten für die Direktansprache im Netz ausfindig gemacht werden. Das kostet viel Zeit. Sehr viel Zeit. Helfen können Chatbots, Auswahlsysteme und Sprachassistenten. Mit ihnen lassen sich diese To do’s voll- oder teilautomatisiert erledigen. Willkommen in der Welt der smarten Robot Recruiter.
Chatbots im Recruiting
Viele der Anwendungen sind aus anderen Bereichen ins Recruiting geschwappt. So ziemlich jeder hat zum Beispiel schon einmal im Online-Kundensupport Bekanntschaft mit einem Chatbot gemacht. Beim Surfen auf der Homepage eines Dienstleisters ploppt ein kleines Dialogfenster auf und der Chatbot fragt, ob er behilflich sein kann. Nun kann der Kunde seine Fragen wie in einem Chat mit einem Menschen stellen und der Chatbot liefert die passenden Antworten.
Dieses Prinzip ist im Recruiting auch auf der Karriereseite eines Arbeitgebers einsetzbar, wo Chatbots als Karriereassistenten fungieren und Talenten Fragen zum Werdegang im Unternehmen beantworten. Der Vorteil: Bewerber fühlen sich gut informiert und Personaler müssen nicht immer wieder per Mail oder am Telefon die gleichen Anliegen beantworten.
Chatbots können Talenten aber auch bei der Bewerbung helfen. Und so geht’s: Nach dem Klick auf den Bewerben-Button in einer Stellenanzeige bietet der Chatbot seine Unterstützung an. Er erfragt beim Talent wichtige Daten – den Namen, Erfahrungen, bisherige Arbeitgeber, die Gehaltsvorstellung, die Telefonnummer und die E-Mail-Adresse. Die Bewerber tippen ihre Antworten nun fix in ihr Smartphone ein. Fertig ist die Bewerbung. Interessant ist dieses Vorgehen vor allem für mobile Kandidaten, für die es zum Beispiel zu kompliziert ist, stattdessen über das Smartphone ein ellenlanges Bewerber-Formular auszufüllen.
Realitätscheck: Wie verbreitet sind Chatbots im Recruiting?
Laut der Studie Recruiting Trends 2020 der Universität Bamberg sind Bewerber aus allen Bereichen, seien es technische oder nicht-technische, gegenüber diesem Trend sehr aufgeschlossen. Die Mehrheit ist der Meinung, dass Chatbots in Zukunft eine schnellere, einfachere und direktere Bewerbung ermöglichen. Mehr noch: Drei von zehn Kandidaten glauben sogar, dass sie in zehn Jahren nicht mehr von einem Chatbot, sondern von einem Sprachassistenten wie Alexa, OK Google oder Siri bei der Bewerbung unterstützt werden.
Während ein Chatbot auf unser geschriebenes Wort reagiert, sprechen wir mit Sprachassistenten zum Beispiel via Smartphone fast wie mit einem Menschen.
Wie die Stellensuche per Sprachassistent konkret funktionieren kann, zeigt schon heute der Fast-Food-Produzent McDonald‘s. Um einen passenden Job zu finden, müssen Bewerber Alexa lediglich nach „McDonald’s Jobs“ befragen. Sie werden daraufhin von dem Sprach-Bot um einige Informationen gebeten und erhalten anschließend eine SMS mit einem Link zu passenden Jobangeboten. Ein Vorgeschmack auf die Bewerbung der Zukunft? Gut möglich!
Automatische Vorauswahl von Kandidaten
Robo-Recruiting hat aber noch mehr zu bieten. Matching-Tools etwa, die Recruiter bei der Vorselektion von Bewerbern unterstützen. Dazu vergleichen sie die Daten aus Lebensläufen mit den Skills, die für eine offene Stelle benötigt werden und erstellen ein Ranking, welche Kandidaten am besten für den Job geeignet sind.
Auch das stößt bei Kandidaten laut der Studie „Recruiting Trends 2020“ auf große Resonanz. Talente gehen nämlich davon aus, dass die Vorauswahlsysteme dazu beitragen, schneller Feedback zu erhalten. Auch glaubt mehr als jedes dritte Talent, dass der Bewerbungsprozess dank Robo-Recruiting weniger diskriminierend ausfällt, weil ein sauber trainierter Roboter bei der Auswahl von Kandidaten nicht auf Faktoren wie Geschlecht, Alter oder Ethnie achtet.
Mögliche Schattenseiten des Robo-Recruitings
Das ist aber nur dann zutreffend, wenn der Robot Recruiter „richtig trainiert“ ist, wie ein Fall aus dem Jahr 2014 zeigt. Damals war der Online-Händler Amazon in die Kritik geraten, weil dessen Auswahlsystem männlichen Bewerbern den Vorzug gegeben hatte. Was war passiert? Hinter einem Bewerbungsroboter steckt eine lernende Künstliche Intelligenz, die Bewerbungen nach bestimmten Merkmalen untersucht und darauf basierend Kandidaten vorschlägt.
Im Fall von Amazon hatte das System eigenständig gelernt, dass sich vor allem ein bestimmter Typ an Bewerbern bei dem Unternehmen bewirbt: technikaffine Männer. Die Software schlussfolgerte fälschlicherweise daraus, dass Männer für den Arbeitgeber zu den bevorzugten Talenten gehören und filterte Frauen eher heraus. Der Fehler wurde aber erkannt und behoben. In neueren Systemen taucht er nicht mehr auf.
Active Sourcing mit dem Robot Recruiter
Robot Recruiter unterstützen übrigens auch beim Active Sourcing. Hierzu definieren Personalsuchende in einem digitalen Active-Sourcing-Tool einfach die Skills, nach denen sie für eine Stelle suchen. Ein Klick und der Robot Recruiter durchsucht ausgewählte Talentdatenbanken und/oder das komplette Internet nach passgenauen Kandidaten.
Die entsprechende Technik funktioniert inzwischen zuverlässig und stößt bei Kandidaten auf so positive Resonanz, dass drei Viertel der Jobsuchenden gezielt berufliche Informationen in Talentdatenbanken oder Businessnetzwerken veröffentlichen, um noch besser identifiziert werden zu können. Das ist natürlich ein großer Vorteil für ein automatisches System, das Kandidaten so noch besser identifizieren kann. Für Talente ist mittlerweile klar, dass es einfacher ist, gefunden zu werden, als selbst nach einer Stelle suchen zu müssen. Eine klassische Win-Win-Situation.
Fazit: Hoher Automatisierungsgrad schafft spürbare Arbeitserleichterung
Wir haben gesehen, dass es inzwischen viele Möglichkeiten gibt, das Recruiting mit unterstützenden Bots zu beschleunigen und zu vereinfachen. Doch während viele Kandidaten den Systemen sehr aufgeschlossen gegenüberstehen, kommen Robot Recruiter in Unternehmen eher handverlesen zum Einsatz.
Gut möglich, dass die Zurückhaltung damit zu tun hat, dass in vielen Bereichen erst das richtige Know-how für die Auswahl, Implementierung und die Anwendung der Systeme aufgebaut werden muss, um die Techniken auch wirklich effektiv nutzen zu können. So mancher Recruiter fürchtet auch, dass die Menschlichkeit in der Personalbeschaffung verloren gehen könnte, wenn Roboter zunehmend über Kandidaten entscheiden.
Damit liegen sie übrigens mit Bewerbern auf einer Wellenlänge, die den Einsatz digitaler Systeme nur bis zu einem gewissen Punkt unterstützen. Je weiter der Recruiting-Prozess voranschreitet, umso wichtiger ist ihnen, in direkten Kontakt mit dem Recruiter zu kommen. Aus ihrer Sicht kann nur ein Mensch final beurteilen, ob sie ins Team passen oder nicht. Das alles ist kein Widerspruch. Denn letztlich tragen moderne Recruiting-Tools dazu bei, dass es mehr menschelt im Recruiting. Dank ihres hohen Automatisierungsgrades verschaffen sie Recruitern nach einer gewissen Einarbeitungsphase gerade die nötige Zeit, um sich nach der digital gestützten Suche umso stärker persönlich um die Kandidaten kümmern zu können. Mission accomplished.
Mehr über die Automatisierung im Personalwesen lesen Sie in unserem Blogartikel zu dem Thema: Automatisierung im Personalwesen: Eine Bereichsanalyse